Renatus  Deckert ______________

 

Das Japanische Palais

In der »Süddeutschen Zeitung« vom 12. Februar 2020 habe ich von meinem Großvater, dem Dresdner Bibliothekar Helmut Deckert, erzählt. Seine Erlebnisse sind eingeflossen in meinen Roman »Das Japanische Palais«.

Im Japanischen Palais befand sich bis 1945 die Sächsische Landesbibliothek. Ein prächtiges Gebäude an der Elbe, unter dessen kupfergrünem Dach sich die Renaissancebände drängten.

Erzählt wird die Geschichte von Arndt Eckmann. Als Bibliothekar erlebt er die Machtübernahme durch die Nazis und ihre Folgen: das Bibliotheksverbot für den jüdischen Romanisten Victor Klemperer, die Auslagerung der bibliophilen Kostbarkeiten, Krieg und Zerstörung.

Erzählt wird auch von seiner Liebe zu Emilie Compter, die vier Wochen vor Kriegsbeginn seine Frau wird, die schweren Luftangriffe auf Dresden am 13. Februar 1945 jedoch nicht überlebt.

                             

»Natürlich tut es weh, immer noch. Aber ... wenn ich daran denke, was man den Juden angetan hat.« Zwischen seine Worte drängte sich das Poltern der Straßenbahn, die über eine Weiche fuhr.

»Ich weiß noch, wie eines Tages Victor Klemperer vor mir stand. Das muß schon in der Marienallee gewesen sein. Ich hatte ihn nicht mehr gesehen seit dem Tag, an dem Striegel ihm das Bibliotheksverbot ausrichten mußte.

Jetzt war er wieder da. Große, wache Augen, die einem bis ins Herz blickten. Aber die Todesangst hatte sich in seine Züge gegraben ...
Er mußte die Deportationsbefehle für die letzten Dresdner Juden austragen, am 13. Februar. Der Angriff war seine Rettung. Ein paar Tage später hätten sie auch ihn umgebracht.

Und jetzt stand er vor mir, in dieser kalten Kaserne. Gepreßt wie Ziegelsteine stapelten sich die Bücher bis zur Decke. Und er fragt mich nach französischer Literatur aus dem 18. Jahrhundert. Voltaire, Rousseau, Molière ... Ich habe mich so geschämt!«

                                                          

 

In Heft 5/2021 der Zeitschrift »Sinn und Form« ist das erste Kapitel zu lesen. Noch ist offen, wo der Roman erscheint.